NUI cosmetics: „Nachhaltig und stylish – das gab es nicht”
BUSINESS | 19.10.2020
NUI COSMETICS: "NACHHALTIG UND STYLISH-DAS GAB ES NICHT"
VON REDAKTION
Sie liebt rote Lippen – aber hat solche mit Naturkosmetik nie bekommen. Also gründete Swantje van Uehm ihr eigenes Kosmetiklabel NUI cosmetics – ausschließlich vegan und natürlich. Mit Judith Williams als Investorin startet sie jetzt richtig durch – und erzählt hier von dem „perfekten Match”, 70-Stunden-Wochen, dem besten Schminktipp und ihre große Motivation für die Selbstständigkeit. Swantje van Uehm im Interview.
WIE BIST DU AUF DIE IDEE GEKOMMEN, DICH BEI DHDL ZU BEWERBEN?
Ich saß eines Abends mit meinem Freund auf der Couch und sah die Sendung. Da fragte er mich plötzlich: „Warum stehst du da eigentlich nicht?” Ein paar Tage später habe ich einfach mal ein paar Zeilen an die Produktionsfirma geschrieben und wurde prompt zu einem Casting nach Dresden eingeladen. Dort pitcht man so, wie man es später auch in der Sendung machen würde. Danach ging alles ratz-fatz und ich bekam schnell die Zusage, dass sie mich haben wollten.
DEIN DREH IN DER HÖHLE FIEL DANN MITTEN IN DIE CORONA-ZEIT. WIE WAR DAS?
Es war alles sehr streng geregelt, was ich aber gut fand. Ich durfte zum Beispiel die Goodie-Bags nicht anfassen, die ich mitgebracht hatte, nicht über eine bestimmte Stufe treten und als der Deal mit Judith dann perfekt war, hat sie nur die Hand gehoben. Wir durften natürlich nicht einschlagen, das war ein wenig schade.
BIS ES SOWEIT WAR, HAT ES FAST ZWEI STUNDEN GEDAUERT.
Ja, mein Pitch und das anschließende Gespräch mit den Löwen war so lang! Fürs Fernsehen wird es natürlich gekürzt und zusammengeschnitten. Ich war am späten Nachmittag dran, als eine der Letzten an dem Tag. Meine Konzentration war schon etwas dahin, aber natürlich ist man doch voller Adrenalin, wenn man in der Höhle steht. Nach dem Pitch haben die Löwen ja Zeit, uns Gründern Fragen zu stellen. Mit Judith habe ich mich so lange unterhalten, dass die anderen schon ungeduldig wurden. Georg Kofler bat sogar darum, das Zwiegespräch zu beenden, sonst wolle er einen Kaffee trinken gehen . (lacht) Nach kurzer Zeit merkten Judith und ich, dass es zwischen uns passt und die anderen glaube ich auch.
WAR JUDITH VON ANFANG AN DEIN WUNSCHLÖWE?
Ich war für alles offen, aber Judith ist natürlich das perfekte Match!
URSPRÜNGLICH WOLLTEST DU 20 PROZENT DEINER UNTERNEHMENSANTEILE VERKAUFEN, JUDITH WOLLTE ABER 40 PROZENT HABEN - WORAUF DU DICH AUCH EINGELASSEN HAST.
Ja, genau. Ich denke, man hat gemerkt, dass ich richtig Lust auf den Deal hatte. Auch wenn wir vorher schon profitabel waren und stetig gewachsen sind. Ich selbst habe 100 Prozent gehalten, weshalb es an sich kein Problem für mich war 40 Prozent abzugeben. Eigentlich möchte man nicht über 25 Prozent gehen, aber am Ende kommt es darauf an, wie man Verträge gestaltet und ob man einen Partner mit Expertise ins Boot holt. Ich freue mich auf die Zusammenarbeit und alles, was da kommt.
WAS IST NACH DEM DREH PASSIERT
Das Team von Judith hat mein Unternehmen in einer so genannten „Due Dilligence Prüfung“ (siehe Info-Kasten) unter die Lupe genommen. Als wir uns entschieden hatten, zusammenzuarbeiten, habe ich Judith und Ihrem Team im Headquarter meine Marketingstrategie vorstellt. Parallel haben unsere Anwälte circa sechs Monate die Verträge verhandelt.
DU SAGST, DASS 70-STUNDEN-WOCHEN BEI DIR KEINE SELTENHEIT SIND. GANZ SCHÖN STRESSIG. WARUM TUST DU DIR DAS AN?
Ich kann nicht anders. (lacht) Als ich meiner Mutter damals sagte, dass ich mich selbständig machen wollte, sagte sie: „Das wusste ich schon, als du ein Baby warst!”. Was mir sehr gefällt: Als Gründer kannst du alles frei entscheiden. Man macht das, wo man voll hinter steht und lässt sich auf keine Kompromisse ein. Man muss seine Idee durch jede Pore atmen und leben. Dann sind 70-Stunden nicht so schlimm, wie es klingt. (lacht)
BIST DU TROTZDEM SCHON MAL AN DEINE BELASTUNGSGRENZE GEKOMMEN?
Natürlich hat jeder mal Phasen, in denen man einfach nur noch müde ist. Das gehört aber dazu. Wem das nicht klar ist, der sollte die Hände vom Unternehmertum lassen.
WAS SAGST DU, WENN DICH JEMAND UM DEINE EHRLICHE MEINUNG ZUM THEMA "GRÜNDEN" FRAGT?
Ich sage, dass eine Gründung verdammt hart ist. Aber dass es gleichzeitig auch großartig ist, weil man etwas bewegen kann, was einem wichtig ist.
DU HAST VOR FÜNF JAHREN "SAVUE" GEGRÜNDET. KANNST DU UNS DARÜBER ETWAS ERZÄHLEN?
Ja, ich habe mit Savue gestartet. Das ist ein Multi-Channel-Unternehmen, das heißt, dass es über mehrere Kanäle verkauft. Mit Savue versorgen wir den Kunden als auch den Handel mit internationaler Nischen-Naturkosmetik.
WARUM HAST DU DANN NOCH NUI GEGRÜNDET?
Nach einem Jahr der Selbstständigkeit haben wir NUI als unsere Eigenmarke gelauncht. Das war aber schon von Beginn an geplant, da ich ursprünglich aus dem Produktmanagement kam und das dann natürlich nahe lag. Außerdem fand ich jahrelang nicht das, was ich selbst suchte: Ich wollte vegane, natürliche Kosmetik und fand: Blasse Farben, bröselige Cremes, muffige Düfte – Hand aufs Herz: Viele nachhaltige Produkte waren gut gemeint, aber nicht gerade sexy. Einen leuchtenden, roten Lippenstift, ohne Karmin? Unmöglich. Nachhaltig und stylish – das ging scheinbar nicht. Beauty Boutique ODER Bio-Reformhaus. Dazwischen lange nichts. Es sollte also noch ein paar Jahre dauern, bis ich auf einen veganen und trotzdem knallroten Lippenstift umsteigen würde. Denn: Ich musste ihn erst selbst entwickeln. Geboren war NUI.
WIE WAR DIE RESONANZ AUF EURE MARKE?
Das war irre! Es gab einen regelrechten Run, wir hatten sofort unglaublich viele Anfragen. Bei Douglas waren wir die erste Nischenmarke im Naturkosmetikbereich. Ich freue mich sehr, dass auch konventionelle Händler über die Jahre hinweg offener gegenüber Naturkosmetik geworden sind. Das war vor fünf Jahren noch nicht so.
WAS IST DEIN GEHEIMREZEPT UND DEIN WICHTIGSTER TIPP?
Eine gute Skincare ist das A und O! Die Haut muss gut gepflegt sein, damit das Make-up überhaupt gut zur Geltung kommen kann. Ich würde in eine hochwertige Reinigung investieren, einen Toner und in gute Seren mit viel Feuchtigkeit. Wenn man Toner und Serum verwendet, kann man sich die Creme fast sparen, würde ich sagen. Beim Make-up würde ich darauf achten, dass auch Pflege darin enthalten ist. In unserer Foundation steckt zum Beispiel Aloe Vera, das lässt die Haut unglaublich strahlen und verfeinert optisch das Hautbild. Außerdem schwöre ich auf Gesichtsmassagen. So kann man zum Beispiel von den Augenbrauen nach oben streichen oder auch am Nasenrücken ansetzen und dann nach außen streichen.
IMMER MEHR GROßE KONZERNE SPRINGEN AUF DEN NATURKOSMETIKMARKT AUF, WEIL SIE DIE RIESIGE NACHFRAGE SEHEN UND ETWAS VOM KUCHEN ABHABEN WOLLEN. BEREITET DIR DAS ALS KLEINE PREMIUM-BRAND SORGE?
Gar nicht! Wir sind gut aufgestellt und unsere Qualität muss man erst einmal erreichen. Ich habe keine Angst vor Wettbewerb. Ich sag immer: Möge der Bessere gewinnen!
„Gründen ist verdammt hart. Aber gleichzeitig ist es auch großartig, weil man etwas bewegen kann, was einem wichtig ist.“
Swantje van Uehm