Gemeinsam gegen Krebs: Judith unterstützt die DKMS LIFE bereits seit vielen Jahren. Die gemeinnützige Organisation bietet Kosmetikseminare an, in denen krebskranke Mädchen und Frauen lernen, mit den äußeren Veränderungen der Therapie besser umgehen zu können. Im Interview erzählt Geschäftsführerin Ruth Neri, warum solche Seminare gerade in Coronazeiten wichtig sind.

Ruth Neri: Am Anfang haben sie natürlich erst einmal Angst, bei Krebs geht es schließlich oft um Leben und Tod. Nach dem ersten Schock schalten viele aber um und werden ganz pragmatisch: Sie entwickeln regelrecht Kampfgeist, wollen sich nicht unterkriegen lassen. Doch für viele ist es dennoch sehr belastend, wenn die Haare, Wimpern und Augenbrauen während der Chemotherapie ausfallen. Das finden gerade wir Frauen oft besonders schlimm, weil unser Aussehen für uns einfach Teil unserer Identität ist. Viele Frauen verlieren dadurch an Selbstbewusstsein und Lebensmut. Jeder Blick in den Spiegel führt die Krankheit vor Augen und macht einen normalen Alltag unmöglich. Deshalb unterstützen wir mit unseren „look good feel better“-Kosmetikseminaren Frauen, mit ihrem neuen Äußeren besser zurechtzukommen. Sie sollen sich trotz allem wohlfühlen, sich schön finden können – das ist Teil des Heilungsprozesses.

Natürlich geht es um dekorative Kosmetik, wie man Wimpern verdichtet, Augenbrauen schminkt und die Lippen betont. Aber das wichtigste ist der Motivationsschub: Die Teilnehmerinnen tanken bei uns Selbstbewusstsein. Wenn man sich schlecht fühlt, wirkt ein Lippenstift in Gute-Laune-Farbe Wunder. Und natürlich ist auch die Gemeinschaft heilsam: Die Frauen machen sich gegenseitig Komplimente, die meisten strahlen übers ganze Gesicht. Man spürt förmlich, wie ihre Lebensenergie zurückkommt. Als wollten sie sagen: Jetzt geh ich nicht zurück ins Bett, sondern in die Krankenhauscafeteria oder eine Runde raus.

Genau. Normalerweise veranstalten wir die „look good feel better“-Kosmetikseminare in den Kliniken oder anderen medizinischen Einrichtungen, aber das geht gerade natürlich nicht. Also machen wir den zweistündigen Workshop online mit maximal zehn Teilnehmerinnen. Vorher schicken wir allen ein Trainingspaket – eine Tasche mit einem Handbuch, Tipps zum Nachlesen und natürlich die Produkte. Wir starten immer mit einer ausführlichen Begrüßungsrunde: Wo sitzt du? Was siehst du, wenn du aus dem Fenster schaust? So stärken wir das Gemeinschaftsgefühl – wir sind zusammen, auch wenn wir an unterschiedlichen Orten sitzen.

Jedes Seminar beginnt mit einer Gesichtsreinigung und einer Pflege. Wir wollen nicht nur zeigen, wie die Frauen Kosmetikprodukte am besten benutzen. Es geht ums Wohlbefinden. Die Teilnehmerinnen tun sich etwas Gutes, massieren die Cremes und Lotionen gründlich ein. Wir nennen das Selbstfürsorge: Sich einfach mal Zeit für sich nehmen. Ganz besonders widmen wir uns den Augen und Augenbrauen. Wenn die Haare der Augenbrauen ausgefallen sind, kann es schwierig sein, die richtige Stelle zum Nachzeichnen zu finden. Man kann das Gesicht aber recht einfach vermessen. Auch bei ausfallenden Wimpern gibt es einige Tricks: Man kann beispielsweise kleine Pünktchen mit einem Eyeliner setzen, wo Wimpern fehlen. Und natürlich einen zarten Lidstrich ziehen, der gibt dem Wimpernkranz Volumen. Auch Haarersatz ist Thema. Viele Frauen tragen Perücke, weil sie selbst entscheiden wollen, wer sehen darf, dass sie krank sind.

Das ist unglaublich wichtig. Je mehr Menschen offen über Krebs sprechen, desto mehr verliert die Krankheit ihren Schrecken: In unserer Gesellschaft soll alles perfekt sein, man redet einfach nicht gerne über Krankheit und Tod. Umso wichtiger ist es, dass Menschen, die in der Öffentlichkeit stehen, zeigen: Schaut hin, hört zu, das Thema muss nicht nur Angst machen. Ganz im Gegenteil – unser Programm macht Mut. Judith unterstützt uns auch mit Kosmetik, die wir den Seminarteilnehmerinnen kostenlos zu Verfügung stellen. Eine tolle Geste, denn für einige Patientinnen wäre es finanziell schwierig, sich diese selbst zu kaufen. Und zweitens wollen wir, dass unsere Kosmetikseminare langfristig wirken. Durch die Produktspenden können die Mädchen und Frauen das Gelernte auch nach dem Workshop noch regelmäßig zu Hause anwenden. Damit schenken wir ihnen ein Stück Normalität, neues Selbstwertgefühl und Lebensfreude.