„Wir Menschen brauchen einander”

by Redaktion

LIFESTYLE | 15.01.2021

"WIR MENSCHEN BRAUCHEN EINANDER"

VON REDAKTION

Von E-Bikes, neuen Ritualen in der Familie bis zu berührenden Besuchen im Seniorenheim: Judith spricht im großen Interview über das vergangene Jahr, verrät ihr SOS-Programm für schlechte Tage und teilt ihren Herzenswunsch.

VOR GENAU EINEM JAHR SPRACHEN WIR MIT DIR IM GROßEN NEUJAHRSINTERVIEW ÜBER BLEIGIESEN UND RESTEESSEN NACH WEIHNACHTEN. HEUTE KOMMT EINEM DIESE UNBESCHWERTE ZEIT VOR, ALS WÄRE SIE LICHTJAHRE ENTFERNT. WIE BLICKST DU JETZT IN DER RÜCKSCHAU AUF DAS JAHR? WENN ES EIN WORT FÜR 2020 GÄBE, WELCHES WÄRE ES?

Reflektion. Ich glaube, dass Corona uns allen ganz viele Denkanstöße gegeben hat und jeder sein komplettes Leben reflektiert hat: Was ist mir wichtig im Leben? Was bedeutet die Pandemie für mich, meine Familie und meinen Arbeitsplatz? Muss ich mich vielleicht ganz anders aufstellen für die neuen Gegebenheiten? Wie kann ich mich so weiterentwickeln, dass ich auf Herausforderungen – egal, welcher Art – am besten reagieren kann? Jeder hat wahrscheinlich seine ganz eigenen Corona-Fragen aus dem Jahr mitgenommen.

WAS HAT DAS JAHR GANZ PERSÖNLICH MIT DIR GEMACHT? HABEN SICH DINGE VERÄNDERT, DIE DIR WICHTIG SIND?

Meine Priorität war schon immer meine Familie, und das wird auch immer so sein. Aber ich bin mir vielen Dingen bewusster geworden und als Mensch gereift. Was mir noch einmal so klar geworden ist: Menschen sind das einfach A und O in unserem Leben.

WIE HAT SICH CORONA AUF DEIN BUSINESS AUSGEWIRKT?

Meine Brand arbeitet ja sehr international und da hatten wir zwischendurch Probleme mit Lieferketten, wie so viele auch. Und natürlich haben wir es gespürt, wenn die Kitas dicht waren und Mitarbeiterinnen zum Beispiel in der Produktion ausfielen. Wir haben überhaupt gemerkt, wo überall Frauen gefragt sind. Denn sie machen in erster Linie die Arbeit zu Hause mit den Kindern und wurden durch Corona viel stärker belastet als Männer.

IHR HABT IM TEAM ÜBER WEITE STRECKEN IM HOME OFFICE GEARBEITET, BEI INSTAGRAM HAST DU LUSTIGE EINBLICKE GEGEBEN. TROTZDEM IST ES SICHER EINE HERAUSFORDERUNG, SO VIELE LEUTE ÜBER DIE ENTFERNUNG ZUSAMMENZUHALTEN, ODER?

Als Arbeitgeber musst du darauf achten, leicht und positiv zu bleiben und immer zu zeigen: Wir denken an euch und sind bei euch! Für unser Team kann ich sagen, dass wir enger zusammengerückt sind durch Corona, obwohl wir physisch weiter auseinander waren. Ich bin unglaublich stolz, dass wir das geschafft haben! Das ist überhaupt eine der größten Herausforderungen der Digitalisierung: Dass bei der ganzen Technologie der Mensch und seine Bedürfnisse und Emotionen im Mittelpunkt bleiben.

IST DIES EINES DEINER GRÖßTEN LEARNINGS AUS CORONA?

Auf jeden Fall! Wir Menschen brauchen einander. Auch wenn das jetzt vielleicht etwas spirituell klingt: Aber um deinen Körper herum schwingt eine Energie. Und die kann man natürlich nicht wahrnehmen, wenn man sich nur online im Teams-Meeting begegnet. Klar ist aber auch: Du musst im Business digital sein! Wenn du es bisher nicht warst, katapultiert dich Corona spätestens jetzt in die front row der digitalen Welt. Das wird auch nicht wieder verschwinden.

WIE HABT IHR DAS JAHR ALS FAMILIE ERLEBT? HABT IHR ETWAS ANDERS GEMACHT WÄHREND CORONA?

Es gab plötzlich morgens, mittags und abends gemeinsame Mahlzeiten! (lacht) Nein, im Ernst: Ein gemeinsames Frühstück war mir schon immer heilig, aber als working mom hast du natürlich nicht immer um 12 Mittagessen auf dem Tisch stehen. Das liebe ich sehr, dass wir das jetzt dazugewonnen haben! Außerdem haben wir als Familie die Natur viel mehr genutzt. Mit den Hunden haben wir unendlich lange Spaziergänge gemacht und wir haben uns E-Bikes gekauft. Ich hätte auch ohne „E” biken können, aber mein Mann – der Technikfreak – hat mich überzeugt, dass es wirklich ganz angenehm ist! (lacht)

JETZT KOMMEN EIN PAAR KURZE, SCHNELLE FRAGEN. BIST DU BEREIT?

Let´s go!

WAS HAT DICH AM MEISTEN BERÜHRT IN DIESEM JAHR?

Ich bin ja normalerweise eine sehr touchy person. Wenn ich meine Eltern sehe, halte ich gerne ihre Hände, ich begrüße Freunde mit Küsschen. Das alles fiel jetzt weg. Meine Tante, die im Seniorenstift lebt, nicht zu umarmen, sondern nur durch eine Glasscheibe zu sehen, hat richtig körperlich weh getan. Da ist mir noch einmal mehr klar geworden, dass Berührungen oftmals wichtiger sind als Sprache. Nicht umsonst ist unsere Haut das größte Sinnesorgan. Wir können einfach alles über sie spüren und aufnehmen.

WAS HAT DICH AM MEISTEN GEÄRGERT?

Wenn ich einkaufen gehe und jemand stellt sich einfach ohne Abstand hinter mich, ärgert mich das! Ich meine, es geht ja nicht um mich, es geht um unsere älteren Mitbürger, um meine Eltern, die Risikopatienten sind. Und egal, wie man zu Corona steht: vorsichtig sein, erwarte ich einfach. Das ist eine Frage des Respekts.

WAS HAT DICH AM MEISTEN ÜBERRASCHT?

Das Miteinander. Alle sind näher zusammengerückt. Wir alle haben erkannt, wir Menschen brauchen einander. Das hat mich berührt.

WAS HAT ZU EINEM LACHFLASH GEFÜHRT?

Ich habe im vergangenen Jahr super viele Rezepte ausprobiert, für die ich vorher keine Zeit hatte. Meine Tochter Sophia sagte irgendwann: „Corona hat dir die Chance gegeben, eine gute Köchin zu werden.” Da musste ich echt lachen. Ich weiß bis heute nicht, ob das eher eine Beleidigung oder Kompliment war. (lacht)

DEIN BESTER KAUF IN DIESEM JAHR?

Meine Start-ups! Ich habe Familie dazugewonnen.

DANKE, LIEBE JUDITH FÜR DEN SCHNELLDURCHLAUF. WEITER GEHT ES MIT EINER FRAGE, DIE VIELE NATÜRLICH BRENNEND INTERESSIERT: WAS STEHT BEI DIR 2021 AN?

Beruflich steht ein neues Format an, auf das ich mich sooooo freue. Mehr verrate ich dazu Ende des Monats! Und privat möchte ich gerne einen Herzenswunsch angehen: Mit meinem Papa noch einmal zu seinem Geburtsort nach Montana zu reisen. Das ist ihm unendlich wichtig und es wäre einfach toll, wenn wir das mit meinen Schwestern gemeinsam machen könnten.

DU BIST DURCH UND DURCH OPTIMISTIN. WOHER NIMMST DU DIESES POSITIVE MINDSET?

Aus Liebe und Dankbarkeit für dieses Leben. Ich habe leider schon öfter erfahren, dass das Leben kurz ist, und daher sollten wir jeden Tag genießen und unendlich dankbar für die Menschen sein, die um uns herum sind.

ABER WAS, WENN DU DOCH MAL EINEN SCHLECHTEN TAG ERWISCHST. WIE SIEHT DEIN SOS-PROGRAMM AUS?

Ich schließe mich im Badezimmer ein, trage ein Serum auf, eine Creme, also alles, was gut tut, mache mir ein schönes Make-up und schreibe dann drei Dinge auf, für die ich dankbar bin. Meistens geht es mir danach schon besser. Und wenn nicht: Augen zu und durch. Manchmal hat man so Tage, das ist dann einfach so.

WENN WIR UNS IN EINEM JAHR WIEDER FÜR DAS GROßE NEUJAHRSINTERVIEW TREFFEN, WAS GLAUBST DU, MIT WELCHEM WORT WIRST DU DAS JAHR 2021 BESCHREIBEN?

Ich glaube, dafür brauche ich zwei Worte: neue Chancen. Ich bin überzeugt, dass im Wandel auch unglaubliche Chancen liegen. Und wenn wir jetzt uns reflektieren, uns weiterentwickeln, in uns investieren: Ja, dann tut sich was Neues auf. Also krempelt die Ärmel hoch, seid offen und greift das Leben beim Schopfe. Es wird gut!